Ein subversives Konzeptalbum, das die Grenzen zwischen den Geschlechtern verschwimmen ließ und so die Grenzen des Mainstream-Rock erweiterte
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Das Konzept hinter „Ziggy Stardust“ war nicht weniger als eine Revolution: Ein dekadenter Alien-Rockstar war die Rolle, in die David Bowie für sein fünftes Album schlüpfte. Das wirklich Subversive fand sich jedoch in der Musik: gemein, aber glamourös („Moonage Daydream“, „Suffragette City“), theatralisch, aber intim („Five Years“), proto-punkig („Hang on to Yourself“) und Kabarett für ein Publikum, das sich dafür niemals hergegeben hätte („Rock ’n’ Roll Suicide“). Bowie spricht von sich selbst in der dritten Person, ist aber so arrogant, dass seine Fans ihn dafür umbringen („Ziggy Stardust“), so wahnhaft, dass er glaubt, Rock ’n’ Roll könne die Welt retten, aber so mutig, dass er bereit ist, dafür zu sterben („Star“). All das Künstliche bringt ihn zu Fall und befreit ihn gleichzeitig.
Egal, ob es um das Verhältnis zwischen den Geschlechtern, um Sexualität, Performance oder Identität geht: Dieses Album half dabei, Grenzen zu verwischen. Gleichzeitig erweiterte es das Vokabular des Mainstream-Rock im Allgemeinen, indem es auf Konzepte aus dem Untergrund zurückgriff. Bowie als flatterhaft oder unauthentisch zu bezeichnen, geht an der Sache vorbei: Wie Andy Warhol begriff auch er seine Kunst teilweise als eine Synthese all seiner Interessen. Bei aller Radikalität, die er an den Tag legte, wies „Ziggy Stardust“ auch auf eine referenzielle, vernetzte Zukunft hin, mit der wir alle vertraut sind: Kuration als kreativer Akt.
„Das war sein Song über Jimi Hendrix. Als er Jimi Hendrix zum ersten Mal in London sah, hassten ihn alle, aber er war so ehrlich, es zuzugeben, und bastelte daraus einen Hit, Mann.“